Flattr und Kachingle – ein Systemvergleich

Obgleich sich die Diskussion über das Potential von Micropayment für Blogs in den großen Medien meist nur auf Flattr konzentriert (Spon, Morgenpost, Handelsblatt, Heise) gibt es derzeit zwei ernstzunehmende Dienste, die sich um einen raschen Markteintritt bemühen: Flattr und Kachingle. Zeit beide ersten einem groben Systemvergleich zu unterziehen.

Der Name

Flattr kommt von Flatrate, wie Peter Sunde in seinem Vortrag auf der re:publica erläuterte. Kachingle ist eine Mischung aus den Geräuschen Ka-ching! (wie eine alte Registerkasse) und Jingle (wie beim Schütteln eines Sacks voller Münzen).

Das Prinzip

In Youtube-Videos erläutern Flattr und Kachingle (eins und zwei) ihre grundlegenden Funktionsweisen. Leser bekunden mit einem Klick ihre (finanzielle) Unterstützung. Wesentlicher Unterschied der beiden Dienste ist die Reichweite der Unterstützung. Bei Kachingle wird der gesamte Blog unterstützt, wobei derzeit keine Unterscheidung in den Rubriken oder Autoren vorgesehen ist, ein einzelner Autor oder eine Rubrik quasi-institutionell unterstützt. Flattr hingegen zielt auf eine sehr kleinteilige Unterstützung ab, indem Blogbeiträge oder gar einzelne Leser-Kommentare – in jedem Fall aber einzelne Inhalte – „geflattert“ werden. Kachingle loggt hierfür die Anzahl der Besuche einer Internetseite (optional) und verteilt die Abosumme nach Anteil der besuchten Seiten. Flattr verteilt die Summe gleichmäßig auf die „geflatterten“ Inhalte, ohne Unterschied ob  eine Seite nur einmal oder häufiger besucht wurde.

Das Team

Bei dem Flattr-Gründer handelt es sich um Peter Sunde, der frühere PirateBay-Pressesprecher. Wie seinem Vortrag auf der re:publica deutlich wurde, ist es genau diese Bekanntheit, die ihm und Flattr eine rege Anfangsaufmerksamkeit sichert. Kachingle wurde gegründet von Cynthia Typaldos, frühere Director of Standards bei Sun Microsystems. Über Tapaldos hinaus setzt sich das Kachingle-Team aus Amerikanern, Deutschen und Franzosen zusammen. Beteiligt sind unter anderem Absolventen der Staatlichen Handelsschule Hamburg, Uni Saarbrücken und der Uni Braunschweig.

Kosten

Grundsätzlich bieten beide Dienste die Möglichkeit mit einer monatlichen Abozahlung (Kachingle: 5$, Flattr:2€/5€/10€/20€) gute Inhalte im Internet wertzuschätzen. Im Ein-Klick-Prinzip wird die Unterstützung gesichert und am Ende eines Monats der finanzielle Beitrag auf alle unterstützen Seiten verteilt. Für die Einzahlung von Geldbeträgen durch die Nutzer bedienen sich  Kachingle und Flattr jeweils PayPal. Am Beispiel des Abrechnungssystems von Kachingle wird deutlich, dass diese Auszahlung an Blogs wie hier am Beispiel Carta sehr transparent dargestellt werden kann.

Der Entwicklungsstand

Beide Dienste sind nach eigenen Angaben seit 2005 bzw. 2007 mit der Konzeption ihres Dienstes beschäftigt. Trotzdem befinden sich beide noch in der Beta-Phase, was das Flattr-Team für sich mit einer „typical geeky lazyness“ begründet. Kachingle befindet sich in der offenen Beta-Phase und Flattr mit der aktuellen hohen Ausschüttung von Einladungen eiegntlich ebenfalls. Die Inhalte mit den bislang meisten Unterstützern sind bei Kachingle und Flattr jeweils auf der Startseite sichtbar. Ein erstes deutsches Ranking der deutschen Blogs mit Kachingle hat Stefan Mey aufgestellt.

Die Anwendungsumgebung

Nähere Einblicke in die Plattformen verdanken wir zunächst Christian Henner-Fehr mit der Aufzeichnung des Webmontags, 404techsuport und Martin Weigert. Ohne an dieser Stelle auf die Details der Einstellungsmöglichkeiten einzugehen unterscheiden sich beide Dienste doch deutlich in der konkreten Einbettung. Während Flattr sich des von Facebook-Share und Twitter-Retweet (und Buzz und Digg…) bekannten Zählmodells bedient, setzt Kachingle auf ein Medaillon-Plugin, welches eher Bannerform annimmt. Die Einbindung der Plugins für beide ist nicht besonders schwierig.

Fazit und Perspektive

Es handelt sich bei Kachingle und Flattr um zwei gleichwertige Micropayment-Dienste, die sich wunderbar für Blogs und andere Online-Inhalte eignen. Wenngleich die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, sind die Ansätze vielversprechend das Potential freiwilliger Zahlungsbereitschaft für gute Inhalte anzuregen und den Markt zu öffnen.

Wie sich die Huhn-oder-Ei-Diskussion weiter entwickelt bzw. die „Masse“ an Nutzern einen Markt bildet, wird sich voraussichtlich bis Ende des Jahres abschätzen lassen. Die Ausgangschancen sind aktuell für beide Dienste in etwa gleich.

Für die Zukunft dürfte zudem interessant sein, ob Flattr oder Kachingle eine Schnittstelle zum gestern von Facebook angekündigten einheitlichen Bezahlsystem herstellen werden. Auch die Übertragung des freiwilligen Bezahl-Systems auf andere Bereiche sind bereits in Planung. Flattr erwähnt in diesem Zusammenhang OpenSource-Software und Kachingle denkt über die potentielle Ausweitung für Spenden an gemeinnützige Organisationen nach.

Disclaimer:
Karsten Wenzlaff und Jörg Reschke, die diesen Blog betreiben, sind sowohl mit Kachingle als auch Flattr in Kontakt und Austausch. Kachingle kennen wir seit dem Herbst 2009 und als Privatpersonen außerhalb des Instituts sind wir gebeten worden, andere Blogger in Deutschland auf Kachingle aufmerksam zu machen. Mit flattr hatten wir erstmal auf der re:publica2010 Kontakt und uns dort ausgetauscht. Wir haben uns entschieden das Kachingle-Medaillon auf www.ikosom.de einzusetzen und testen Flattr.

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