Kachingle, Flattr, Rewardr, Yourcent – jeden Monat kommen neue Dienste hinzu, die es ermöglichen, kleine Beträge für Inhalte im Netz zu überweisen. Die Revolution im Internetzahlungsverkehr könnte auch Vereinen und Stiftungen neue Einnahmemöglichkeiten bieten. Ein Beitrag aus dem Fundraiser-Magazin 05/2010.
Sie gehen in ein Restaurant. Der Kellner ist aufmerksam und freundlich. Sie geben ein Trinkgeld.. Das Trinkgeld ist ein kleiner Betrag, aber für den Kellner ein wichtiger Zuverdienst. Niemand zwingt Sie, das Trinkgeld zu geben. Trotzdem machen Sie es.
Sie besuchen eine Webseite. Sie erhalten wichtige und relevante Informationen, die mit Aufwand erstellt wurden. Sie überweisen einen kleinen Betrag über ein elektronisches Zahlverfahren. Die Summe der Kleinstbeträge sorgt dafür, dass der Webseitenbetreiber auch in Zukunft die Information bereit stellen kann. Niemand zwingt Sie dazu, etwas zu geben. Trotzdem machen Sie es.
Wir sind es gewohnt, für Inhalte im Internet, die frei verfügbar sind, nichts zu bezahlen. Die Zeitungsverlage bringt das finanziell in Bedrängnis. Sie können den Zugang zu teuer recherchierten Informationen nicht mehr monetarisieren. Paywalls, Online-Abonnements, Werbung, iPhone-Apps, Leistungsschutzrecht – die Antworten der Verlage gleichen dem Versuch, das Trinkgeld direkt auf die Rechnung zu schreiben. Was wäre aber wenn Inhalte zwar frei verfügbar, aber nicht unbezahlbar wären? Eine Lösung dafür bieten Dienstleister wie Kachingle, Flattr, Rewardr oder Yourcent. Sie ermöglichen es, ohne große Hürden, mit minimalen finanziellen Beträgen Inhalte im Internet zu unterstützen.
Flattr und Kachingle haben die größte Verbreitung im deutschsprachigen Raum. Flattr hat nach eigenen Angaben schon mehr als 12.000 Nutzer in Deutschland, der Kachingle-Button wurde zu Spitzenzeiten mehr als 7 Millionen Mal pro Tag aufgerufen. Ob aber Online-Zeitungen, Blogs, Webseiten wie Wikipedia oder Campact, Internetseiten von Stiftungen, Vereinen oder politischen Projekten daraus Einnahmen erzielen, hängt von der Qualität ihrer Inhalte, von der Nutzer-Interaktivität und der Bindung der Nutzer an die Seite ab.
Bei Social Payment verteilen die Nutzer keine großen Beträge. Bei Flattr müssen zwei Euro im Monat eingezahlt werden, bei Kachingle ist ein monatlicher Beitrag von fünf US-Dollar vorgesehen. Social Payments sind sogenannte Micropayments, deren Beträge so gering sind, dass über die Ausgabe nicht intensiv nachgedacht wird. Der i-phone-App- oder i-tunes-Store sind so aufgebaut, dass Apps und Musiktitel mit 99 Cent so preiswert sind, dass die Käufer über den Betrag gar nicht erst nachdenken – anders als wenn sie 20 Euro auf einmal ausgeben müssten.
Bei Social Payment geht es nicht darum, Inhalte zu kaufen, um sie zu besitzen. Es geht darum, die Urheber von Inhalten freiwillig zu bezahlen, Dankbarkeit und Anerkennung auszudrücken, und dadurch mit kleinen Beiträgen dafür zu sorgen, dass ein Inhalteanbieter sich finanziell über Wasser halten kann. Social Payments sind Micropayments mit einem sozialen Beweggrund.
Wer hat nicht schon einmal Trinkgeld gegeben, um beim Rendezvous seinen Gegenüber zu beeindrucken und sich besonders spendabel zu zeigen? Auch bei Social Payments ist das der Fall. Mittels der kleinen Beiträge stellt man sich eine digitale Persönlichkeit zusammen. Man zeigt, wofür man bereit ist, kleine Beiträge auszugeben und was man im Netz wichtig findet.
Social Payments, eingesetzt von Non-Profit-Organisationen, könnten dazu beitragen, dass die Internetnutzer es als Teil ihrer digitalen Persönlichkeit sehen, einen kleinen Betrag an Organisationen mit einem karitativen Ziel zu zahlen – um im Gegensatz die eigene soziale Reputation im Netz zu verbessern. Eine Art virtueller Spendengala.
Damit Social Payments sich durchsetzen können, müssen genügend Betreiber von Webseiten, die Social Payment Tools einbauen und ihre Besucher dafür begeistern, sich ebenfalls bei Dienstleistern wie Kachingle oder Flattr anmelden. Dazu gehört mehr, als nur den Webadministrator zu bitten, den Button einzubauen.
Die Tagezeitung „taz“ kam im ersten Monat mit dem Einsatz von Flattr auf fast 100 Euro, carta.de erhält seit einiger Zeit schon mehr als 100 US-Dollar pro Monat durch Kachingle. Beide Webseiten schafften es, ihre Leserschaft für Social Payment zu mobilisieren. Für Non-Profits könnten Social Payments mittelfristig eine attraktive Einnahmequelle darstellen. Ein Hürde könnte nur sein, dass Social Payments nicht als Spende abgerechnet werden können, sondern als Einnahmen regulär versteuert werden müssen, da im Grunde genommen eine Dienstleistung veräußert wird. Wenn allerdings genügend Einnahmen zusammen kommen, sollte auch diese Hürde genommen werden können.
Guten Morgen,
die im Artikel erwähnten 100 Euro (=144 Euro) der taz waren das Ergebnis der ersten zwölf Tage im Juni. Im Juli hatte die taz dann flattr-Einnahmen von über 1.400 Euro. Momentan sind die monatlichen flattr-Spenden allerdings wieder etwas auf 1.225 Euro (September) gesunken. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Leserschaft zum einen an Aufrufe gewohnt ist: im Internet fragte die taz viele Jahre unter jedem Artikel „Was ist Ihnen dieser Artikel wert?“. Zum anderen steht dem Flattr-er natürlich das große redaktionelle Angebot einer Tageszeitung inkl. Blogs täglich frisch zur Auswahl. Die Texte werden dann zwischen 0 und etwa 400-mal geflattrt.
Interessanter finde ich da – schon wegen der Ausweisung als Spenden – die Möglichkeit, über paypal zu sammeln. Das geht auch mit Kleinstbeträgen, und angeblich braucht der Spender noch nicht mal ein paypal-Konto. Auf der Seite https://www.paypal.com/de/cgi-bin/webscr?cmd=_donate-intro-outside kann man sich seinen „Donate“-Button shnell selbst erstellen. Mich würde nun interessieren, ob hier jemand schon Erfahrungen mit paypal-Spenden gemacht hat?
Beste Grüße
Stefanie