Darf und sollte man einen fremden Text unter einer CC-Lizenz ungekürzt ins eigene Blog übernehmen?

Wir sind in unseren Projekten immer wieder mit der Frage von Crossposts konfrontiert – zum Beispiel bei unserem Projekt DieTrendblogger (www.dietrendblogger) als auch beim MediaCamp (http://www.digitalbuerger.de) war es unser Ziel, dass die Artikel der Autoren auch auf anderen Portalen veröffentlicht werden. Unsere eigenen Artikel stehen unter einer CC-Lizenz – genau genommen CC BY SA 2.0, d.h. die Artikel können unter Beibehaltung der Lizenz und bei Namensnennung wieder verwendet werden. Uns ist es schon öfter passiert, dass Content-Aggregatoren die Artikel ungekürzt in ihr Angebot übernommen haben, ohne dass aber die CC-Lizenz veröffentlicht wurde. Das ist ärgerlich, kriegt man aber in der Regel über eine kurze Email an den Betreiber erledigt.

Jetzt macht mich ein Blogartikel bei Krautfunding von Ansgar Warner stutzig – er hat ungekürzt einen meiner Artikel übernommen, zwar mit Hinweis auf die Lizenz und den Urheber, aber dennoch ohne zu fragen. Rein rechtlich muss er nicht fragen, denn Creative Commons Lizensen sind ja gerade darauf angelegt, dass man sich nicht die Erlaubnis einholen muss. Ansgar könnte auch unsere Artikel nehmen und diese in einem Buch verarbeiten, alles möglich. Nun ist es so, dass ich Ansgar sehr schätze und ihn als Mitstreiter im Bereich Crowdfunding und Social Payment kennengelernt habe. Ich schätze sein Fachwissen und sein Blog.

Daher wundere ich mich: gerade wenn man sich persönlich kennt, hätte ich erwartet, dass Ansgar Warner bei uns nachfragt, ob er den Artikel übernehmen darf. Ich empfinde das irgendwie als unhöflich, wenn man sich einen anderen Artikel einfach so nimmt, ohne dass man den Urheber kurz informiert hat. Eine Ausnahme wäre es gewesen, wenn Ansgar einen Gastartikel bei uns veröffentlicht hätte, dann kann er als Urheber seinen eigenen Artikel natürlich auch bei sich crossposten.

Bisher kenne ich es so aus dem Umgang von Bloggern, dass dieses kurze Anfragen, sei es via Twitter oder Email, zum Standard gehört, den ich erwarte. Jetzt weiß ich aber, dass Ansgar weder unhöflich ist noch fremde Inhalte für sich beanspruchen will, daher frage ich mich: Wie gültig ist diese soziale Norm unter Bloggern? Sollte man einen fremden Text unter CC-Lizenz ins Blog nehmen, auch wenn man es rein rechtlich darf? Eure Meinung würde mich interessieren.

15 Replies

  • „Ansgar könnte auch unsere Artikel nehmen und diese in einem Buch verarbeiten, alles möglich.“

    Nein, das ginge bei eurer CC-Lizenz nicht, weil ihr „Nicht-kommerziell“ als Lizenzform gewählt habt.

  • Es geht ja nicht ums rechtliche Nachfragenmüssen, sondern ums höfliche Nachfragenwollen. Es ist eine soziale Konvention, keine rechtliche, verbindliche. Ansgar hätte nachfragen können, ich hätte nein sagen können, er hätte es trotzdem machen können.

    Die Veröffentlichung unter einer CC-Lizenz ist eine Signalwirkung nach außen und nach innen.

  • Ein Sinn von CC besteht auch darin, dass man eben *nicht* nachfragen muss. Wer das nicht mag, dass Leute die eigenen Werke überall verwenden können, muss von CC die Finger lassen. Es kann ja schlicht und ergreifend niemand wissen, dass Du bspw. trotz CC eine „soziale Konvention des Trotzdem-Nachfragens“ pflegst.

  • Richtig, genau das habe ich ja auch geschrieben. Aber ich stimme Dir nicht zu, dass man CC nicht machen darf, wenn man auf die soziale Konvention besteht. Im Grunde genommen ist mir das aber erst jetzt aufgefallen, weil in der Regel unsere Artikel immer angefragt werden als Crosspost, obwohl sie es nicht müssten.

  • Naja, was heißt schon „darf“. Du darfst natürlich machen, was Du willst – es ist allerdings unlogisch. Die CC-Lizenzen wurden eingeführt, damit alle wissen: „Aha, diese Werke darf ich in dieser Form verwenden, ich muss also nicht nachfragen, um dann wochenlang keine Antwort zu erhalten, fabelhaft!“ Und nicht, damit es dann so läuft: „Oh, da steht was unter CC, ich frage aber trotzdem nach und warte dann wochenlang auf eine Antwort, weil es höflicher ist.“ 🙂

  • Ich glaube, ich würde so vorgehen: ich würde einen Artikel, den ich crossposten möchte, per Email anfragen und mindestens ne Woche warten, bevor ich das ohne Rückmeldung machen würde, selbst wenn er unter CC-Lizenz steht. Oder ich würde überhaupt nur in einem Zitat darüber schreiben.

  • Also zunächst würde ich keinen kompletten Text übernehmen.
    Sollte ich aber dennoch mal in die Verlegenheit kommen, würde ich selbstverständlich vorher nachfragen, trotz CC-Lizenz.
    Wenn ich zitiere, verlinke ich ja auch die Quellenangabe. Kenne ich die Person, die ich zitiere, gebe ich zudem einen Hinweis auf das Zitat.

  • Jasmin – d.h. Du schreibst Leuten, die Du zitierst, ne kurze Nachricht? Das mache ich nicht, ich vertraue auf die Pingbacks bei anderen Blogs. Aber sehr interessant!

  • Hmmmm, Karsten, mal von Digital Immigrant zu Digital Immigrant: Da musst du dich dran gewöhnen… Ich crossposte recht häufig & werde auch häufig crossgepostet (meine Artikel stehen meisten auch unter cc), & sehe den Vorteil von Creative Commons-Lizenzen für den Workflow von Bloggern gerade darin, dass man nicht mehr nachfragen muss. Denn auf Nachfrage kann man ja schließlich mit Genehmigung des Autors auch Texte MIT Copyright übernehmen, dafür musste man CC nicht erfinden…

    Mir reicht als Netiquette ein Backlink auf den Originalartikel vollkommen aus – dadurch werde ich ja automatisch über das Crossposting benachrichtigt. Mein Tipp: Wenn dir die „soziale Norm“ wirklich so wichtig ist, füge doch einen Hinweis im Impressum bzw. in der Lizenzzeile deiner Artikel hinzu, so à la „Vor Crossposting des gesamten Artikels bitte mit der Redaktion in Verbindung setzen“. Wer die Kontaktaufnahme zu aufwändig findet, kann dann ja ggf. auch aus Höflichkeit auf das Crossposting verzichten, so wie ich es in diesem Fall machen werde…

  • Hi Ansgar, danke für die Antwort. Wie gesagt es ging mir vor allem um die soziale Norm zu reflektieren, die ja anscheinend nicht universell ist. Jeder Blogger sieht das ein bißchen anders, denke ich. Der konkrete Crosspost kann bei Dir ruhig stehen bleiben. Und Du kannst auch in Zukunft unseren Content crossposten – ich bin da ja nicht sauer oder so. Ganz im Gegenteil, ich freue mich, dass ich mal wieder etwas über das „Soziale“ in sozialen Medien nachdenken durfte 😉 Gab es bei Dir denn schon mal den Fall, wo Du Dich geärgert hast, dass Deine Artikel verwendet wurden, obwohl sie unter CC standen?

  • Ich finde es klasse und eine große Wertschätzung für Autor und ikosom, wenn unsere Artikel in der CC-Lizenz übernommen und zweitveröffentlicht werden. Eine soziale Norm sehe ich aber auch darin, dass man den Urheber per DoFollow-Link/Pingback über die Nutzung informiert.

    Also @Ansgar: gerne wieder 🙂

    Zwei Gedanken noch zu dem Thema:
    a) Auch wenn ich per CC veröffentliche/lizenziere, möchte ich mir das Recht vorbehalten bei gefühltem Bedarf der Zweitveröffentlichung zu widersprechen. Ich brauche keine Freigabe vorher (Pingback reicht), aber von so manchem schlechten Aggregator oder so mancher Spam-Seite möchte ich meine Texte schnell wieder gelöscht wissen.
    b) Die soziale Norm DoFollow-Link/Pingback würde ich am liebsten in der Lizenz festschreiben, allerdings widerspricht dies dem Sinn von Creative Commons, dass man sich auf wenige, einheitliche Lizenzen verständigt…

  • Das sind eben die zwei Ebenen: Reicht ein Pingback aus, wenn man einen Artikel crosspostet, oder sollte man fragen? Die offizielle ikosom-policy (und auch die Meinung von Jörg) stehen in einem Widerspruch zu meinen Erwartungen, aber im Einklang zu dem was ich will. Klar geworden? Eigentlich will ich Crossposts, andererseits will ich gefragt werden 😉 Geht wahrscheinlich vielen Autoren so.

  • Ich stimme Christian vollkommen zu. Der fette CC-Buttons sagt ja gerade: Nimm. Gerne auch ohne zu fragen!

    Nevertheless finde reine Reposts ohne eigene Einordnung jetzt nicht besonders wertvoll. Dann kann ich auch nur einen Link verwenden.

    Beste Grüße
    Jona

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