Bloggen und der Generationskonflikt

„Kannst Du mal kurz einen Blogpost dazu schreiben?“ Wieso löst dieser Satz bei mir immer so eine Abneigung aus? Schließlich bin ich ein Teammitglied von ikosom: Wir beschäftigen uns mit Social Media, und da sollte es ja nun nichts Selbstverständlicheres geben, als ab und zu einen kurzen Text für den Blog zu schreiben. „Bloggen ist eine Generationsfrage“ habe ich daher letztens auf Jörg Eisfeld-Reschkes berechtigte Nachfrage geantwortet. Und mir damit zwar den damaligen Blog-Auftrag erspart, dafür aber versprechen müssen, dass ich mich mit eben diesem Thema in einem Blogpost auseinandersetze. Na prima, da hab ich mir ja was eingebrockt…

Hat Bloggen wirklich etwas mit dem Lebensalter zu tun? Dass Medienkonsum und -nutzung im allgemeinen als generationsabhängig angesehen werden, ist nichts Neues. Unzählige Studien beschäftigen sich damit, wer in welchem Alter wie lange welche Arten von Medien nutzt. Und es ist nur logisch, dass die Generation der „digital natives„, die von kleinauf mit digitalen Medien aufgewachsen ist, diese statistisch gesehen auch mehr nutzt als Menschen, die erst im Erwachsenenalter zum ersten Mal mit dem Internet in Berührung kamen. Wenn das so einfach ist, dann ist die Sache klar: Ich bin Jahrgang 1967, ich war schon im Teenageralter, als ich das erste Mal vor einem Computer saß (und was war das damals für ein Monstrum!), und als ich meinen ersten eigenen Computer kaufte, war ich längst Studentin, und auf dem Bildschirm blinkten mir giftig orange DOS-Zeichen entgegen. Ich bin also ein waschechter „digital immigrant“, so etwas wie die ikosom-Oma. Und ich setze mich zwar mit Begeisterung und großem Interesse mit Social Media auseinander – aber wieso sollte ich mich wohl dabei fühlen, selbst Blogposts zu schreiben?

Und dann recherchiere ich ein wenig und muss feststellen, dass es zahlreiche bekannte Blogger gibt, die in etwa in meinem Alter sind. Stefan Niggemeier zum Beispiel ist nur gut 2,5 Jahre jünger als ich, Johnny Haeussler ist drei Jahre älter und der US-Blogger Jeff Jarvis mit Jahrgang 1954 sogar ganze 13 Jahre. Selbst der wohl populärste und medial sichtbarste deutsche Blogger, Sascha Lobo, kann mit Geburtsjahr 1975 schwerlich als echter digital native bezeichnet werden. Sind das nur die Ausnahmen von der Regel? Oder stimmt da etwas nicht mit der Theorie über den Generationskonflikt?

Der Konflikt liegt nicht im Altersunterschied, sondern im Kopf
Bloggen ist eine mentale Generationsfrage. Die vier oben beispielhaft aufgeführten Blogger sind allesamt von Haus aus Journalisten, ein Beruf, den man im Regelfall u.a. deshalb ergreift, weil man das Bedürfnis hat, seine Meinung zu vertreten und auch öffentliche Meinungsbildung mit zu gestalten. Entsprechend unbefangen können und wollen sie daher sich selbst und ihre Positionen in der Öffentlichkeit darstellen. Dieses Sendungsbewusstsein ist etwas, was Journalisten so wie auch Politiker mit den digital natives teilen. Wie die ACTA-Studie des Allensbach-Instituts schon 2010 feststellte, ist der Motor für die Internetnutzung vieler digital natives die Selbstdarstellung (siehe dazu Süddeutsche.de vom 11.052010). Und das im ganz profanen Sinne in Form einer lapidaren Statusmeldung auf Facebook oder eines Tweets über das Mittagessen. Aber eben auch auf intellektueller Ebene mit einem wissenschaftlich fundierten Blogpost.

Dieses Sendungsbewusstsein teile ich nicht. Meinen Drang nach Öffentlichkeit lebe ich privat in meinem Hobby als Schauspielerin aus. Was ich dort dem Publikum zeige, bin nicht ich selbst, sondern eine Rolle, die mir ein Autor oder Regisseur vorgibt. Auch im Beruf, bei Vorträgen, Lehrveranstaltungen oder Moderationen, rezipiere und verbreite ich das Wissen anderer. Als PR-Beraterin erstelle ich gerne und mit Überzeugung Texte und Botschaften im Auftrag Dritter. Ich fordere dabei zwar unbedingt zur eigenen Meinungsbildung und zum Dialog auf. Aber meine eigene, persönliche Meinung als Statement in die Öffentlichkeit zu senden, bin ich nicht gewohnt – weder auf der Bühne, noch im Beruf und erst recht nicht im Internet. Und ich verspüre auch nicht das Bedürfnis danach.

Ich werde wohl nie unbefangen „mal kurz“ einen Blogpost schreiben. Ob das daran liegt, dass ich ein digital immigrant bin oder letztendlich doch eher eine Frage der Persönlichkeit ist, kann ich nicht beantworten. Ich bin Diplomübersetzerin, ich bin es gewohnt, fremde Sprachen zu lernen. Auch „Online“ ist eine Sprache, die ich mit der Zeit sicher lernen werde. Aber man wird mir wohl immer anmerken, dass ich kein Muttersprachler bin.

17 Replies

  • Ich finde den Vergleich mit dem Erlernen einer Sprache sehr gelungen. In diesem Sinn wird das Veröffentlichen in den Sozialen Medien als positive Herausforderung aufgefasst, und somit kann vielleicht doch dem einen oder anderen „digital immigrant“ das unwohle Gefühl beim Schreiben genommen werden. Auch, wenn das Aussenden der persönlichen Meinung in die breite Öffentlichkeit nicht zum ureigenen Persönlichkeits-Profil gehört. Gerade dann stellen die Sozialen Medien ein gutes Instrument zur eigenen Meinungsbildung dar.

  • Ich denke, ob man zum Blogger geboren ist oder nicht, ist eine Frage der Persönlichkeit. Es gibt Menschen, die haben den natürlichen Drang zu schreiben, und es gibt welche, denen es unendlich schwerfällt. Das hat noch nicht einmal was mit Zeitgeist zu tun, denn ich bin mir sicher, diese Neigung hat sich vor der Existenz von Blogs genauso Bahn gebrochen: im Journalismus, in der Politik, in der Literatur, oder einfach im regelmäßigen Tagebuchschreiben.

    Obwohl ich – wie Du weißt – extrem Internet-affin bin und auch etliche Jahre fürs Schreiben bezahlt wurde, fehlt mir dieses Blogger-Gen auch. Seit 2007 habe ich mehrere Anläufe genommen, regelmäßig zu bloggen, und habe nach kurzer Zeit immer wieder festgestellt, dass ich diese Verpflichtung als enorme Zusatzbelastung empfinde, die sich nicht gerade positiv auf mein Lebensgefühl ausgewirkt hat. Nicht zuletzt, da Aufwand und Nutzen oft in einem grandiosen Missverhältnis stehen, wenn man nicht zufällig Sascha Lobo oder Jonny Häusler heißt.

    Insofern, lass dich nicht verrückt machen von den Sendungsbewussten mit dem Blogger-Gen. Blogs sind nur eine kleine Insel im großen Meer der sozialen Medien und es gibt noch so viele andere Kompetenzen, mit denen man dieses Themenfeld bereichern kann.

  • Ich finde den Artikel erstmal sehr spannend und sehr authentisch. Ich finde es sehr interessant, dass Du sagst, dass viele PR-Berater sich schwer tun mit dem Bloggen. Vielleicht weil sie oft die Kommunikation aus der Sicht von anderen denken müssen, fällt es ihnen schwer, ihre eigene Sicht nach außen zu kommunizieren.

  • Zwei, drei Gedanken zu Deinem Text:

    • Die erste und zweite Bloggergeneration in Deutschland (ich habe 2005 angefangen und gehöre damit ungefähr zur 2. bis 2,5.) hat lange etwas gedacht und gehofft wie „Hurra, Blogs, endlich kann jeder ins Internet schreiben!“. Diese Hoffnung hat sich stark relativiert, denn die Realität lautet: „Hurra, soziale Medien, endlich kann jeder ins Internet schreiben“. Und soziale Medien, die bestehen im Schriftlichen derzeit aus 80% Facebook, 15% Twitter, 5% Blogs. Bei Bildern und Videos sieht es noch mal anders aus. Hier spielt auch eine gewisse Generationen-Situation mit hinein: Bilder und Videos sind wesentlich jünger im Netz als Texte. Vielleicht wächst ja die von uns Bloggern inhaltlich, in der Zahl und in der Wirkung dramatisch unterschätzte Youtube-Generation irgendwann ins Schriftliche hinein. Vielleicht auch nicht. Blogs sind nicht das Mittel geworden, mit dem man ins Internet hineinschreibt, wenn man ins Internet hineinschreiben will. Blogs sind das Mittel der eher unabhängigen, sendungsbewussten Technologie-Affinen, die ins Internet hineinschreiben wollen. Blogs sind Social Media ohne das lästige Social, sozusagen. Die Vernetzungsisolation der Blogs ist bis zu einem gewissen Grad selbstgewählt, denn zehn Jahre Blogs in Deutschland haben nicht eine einzige, originäre, hier entstandene Weiterentwicklung der Vernetzung untereinander ergeben. Schade, natürlich, aber man muss das akzeptieren. Vielleicht kommt ein zweiter, dritter Anlauf, Frühling, sowas halt. Irgendwann.

    • Sendungsbewusstsein, ja, das könnte ein Schlüssel zum Verständnis des Bloggens sein – aber nicht der einzige. Es spielt auch eine thematische Begeisterung mit hinein oder das Gegenstück, eine thematische Empörung. Seine Begeisterung und/oder Empörung öffentlich zu machen, das muss nicht zwingend mit Sendungsbewusstsein zu tun haben, das kann auch der Wunsch nach Veränderung, Verbesserung sein. Oder nach: Selbstbestätigung. Das ist das eigentlich Überraschende für mich, dass die deutschsprachige Bloglandschaft nur selten den Garten des „Predigens vor den Bekehrten“ verlässt. Und zwar von der Aufmachung, der Verbreitung, der Auswahl der Inhalte, vom Stil und noch von wirklich jedem Detail her. Alles, alles, alles an deutschen Blogs schreit: ich schreibe hier für meine Homies. Natürlich gibt es Ausnahmen, sprengsatz.de, der oben erwähnte Niggemeier, aber so viel mehr auch nicht. Ich glaube, das ist eine Entwicklung, die direkt zu tun hat mit dem intensiven Feedback, was man als Blogger bekommt. Man merkt sofort, was funktioniert und was nicht und lässt das nach und nach die eigene Inhaltsauswahl, den Schreibstil und alles andere auch bestimmen. Antje Schrupp, die ich eigentlich sehr schätze, ist ein Beispiel dafür. Es ist nur mein eigener, subjektiver Eindruck – aber der sagt: zu Beginn war ich oft überrascht von dem, worüber sie wie geschrieben hat. Inzwischen ist da eine Vorhersehbarkeit, und die liegt nicht nur an mir. Es ist auch das Gespür des guten Bloggers, dass das Publikum eine gewisse Verlässlichkeit schätzt.

    Und das geht nicht bloß Antje Schrupp so. Mir geht es noch viel krasser so. Ich habe die Anzahl meiner Blogartikel extrem reduziert. Aber dafür wirkungsmaximiert, mit voller Absicht. Ich versuche, nur wenige Steine ins Wasser zu werfen, die dafür möglichst große Wellen erzeugen sollen, um mal ein abgegriffenes Bild zu verwenden. Aber das heisst auch: ich spiele sehr stark mit der Erfüllung einer Erwartungshaltung, weil sich auf diese Weise die Wirkung tatsächlich maximiert. Allerdings nur, was das schon vorhandene Potenzial angeht, und nicht, was die Erweiterung des Potenzials angeht. Das ist auch der Grund, weshalb die großen deutschen Blogs seit vielen Jahren gleichbleibende Größenordnungen von Lesern haben. 20.000 bis 50.000 Leser am Tag. Das war 2007 so, das ist größtenteils immer noch so, mit einer Handvoll sehr interessanter Ausnahmen wie der-postillon.com (ein beachtenswertes Phänomen, meiner Meinung nach).

    Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Widerwillen, „mal kurz was zu bloggen“. Ich kenne das, es ist der 3. März 2013 und die Gesamtzahl der Postings auf meinem Blog von einschließlich November 2012 bis März 2013 liegt bei: eins. Was genau das bedeutet? Ich weiss es nicht. Vielleicht fehlt mir das Sendungsbewusstsein. Aber dann ist das auch wieder sehr, sehr unwahrscheinlich. Etwas wahrscheinlicher: eine geringe Blogfrequenz oder der Widerwille, mal kurz etwas zu Bloggen kann hundert Ursachen haben und es lässt sich wenig draus schließen außer, dass man selten bloggt. Keine alleserklärende, befriedigende Antwort mit Weltdeutungscharakter, aber ist ja auch mal ganz schön so.

  • Das ist wirklich ein interessantes Thema. Meine Theorie (falls man das Theorie nennen will) ist, dass wir über 40-Jährigen (Ü40) mit einer gewissen Arbeitsteilung aufgewachsen sind. Journalisten, Autoren schreiben für die Öffentlichkeit. Sie haben das gelernt, machen das beruflich. Stefan Niggemeier ist Spiegel-Redakteur, das ist Blog und Artikel wahrscheinlich nicht so weit voneinander weg.

    Unsere (Ü40) Zurückhaltung, die ich übrigens absolut teile, kommt vielleicht daher. Und ganz ehrlich, finde ich sie schlecht? Denn wer einmal eine Blog-Recherche gemacht hat, kann sich schon leicht zurücksehnen nach einer Redaktion, die Artikel gegen checkt oder manchmal einfach nur eine Rechtschreibkontrolle macht.

    Aber ich gebe zu, auch das ist eine Altersfrage…

  • Erstmal vielen Dank, dass Du Deine Gedanken hier teilst!

    Ich stimme Deiner Einschätzung vollkommen zu, dass nicht der Altersunterschied das entscheidende Merkmal ist. Es ist der Erfahrungsunterschied, der je nach Umfeld und Zugangsmöglichkeiten unterschiedlich ist.

    Je nach Thema kann es um Sendungsbewusstsein gehen, ja. Aber es gibt eben auch ganz viele Themen, bei denen es wenig um eine persönliche Meinung geht, als darum Themen aufzubereiten und eine fachliche Einschätzung zu geben. Also eher eine Meldung oder ein Fachbeitrag als ein Meinungsartikel. Geht es da noch um Sendungsbewusstsein oder schon um den Mut einer öffentlichen Auseinandersetzung? Den Mut, dass die eigene Wiedergabe oder die fachliche Einschätzung fehlerhaft oder missverständlich sein könnten und dann (ggf. zurecht) von anderen korrigiert oder kritisiert wird. Im digital-sozialen Umfeld umso schwieriger damit umzugehen denn im analog-persönlichen Miteinander.

  • „Bloggen eine Generationenfrage“?! Nein ich glaube auch nicht, dass das so ist. Ich kenne einige Blogger!nnen, die um einiges älter sind als ich. Und ich kenne viel jüngere Menschen als mich, die mir kaum abnehmen, dass ich regelmäßig Artikel — persönliche/fachliche Einschätzungen — schreibe und auf meinem Blog veröffentliche. „Für Umme?!“ fragen sie mich dann …

    Ich antworte meistens, dass ich das (1) nicht für Umme mache sondern für mich und (2) Vieles anderer Kulturen in der Fremnde für Besucher unverständlich erscheint.

    Wenn es die Blogsphäre überhaupt gibt, dann ist sie nicht irgend ein technisches Netzwerk, sondern ein Kulturraum, in dem Außenstehende so lange ‚auffallen‘, wie sie sich nicht bemühen, den Sinn und Zweck des Miteinander zu verstehen. Ich habe diese Gedanken mal in einem Blogpost zum „Kulturschock Social Web“ aufgeschrieben. Der Kulturschock ist ein Lernprozess, den jeder und jede durchmacht, der / die in einem fremnden Kulturraum zu leben versucht. Insofern ist dein abschließender Vergleich zum Sprachen-Lernen ein wirklich guter, zumal die kulturellen Kontexte beim Übersetzen — soweit wie ich weiß — nicht ganz unwesentlich sind.

  • Danke, liebe Christina! Aufwand vs. Nutzen – Du willst gar nicht wissen, wie lange ich dafür gebraucht habe, bis mir der Artikel einigermaßen so gefallen hat, dass ich ihn online stellen konnte… Es tut gut zu wissen, dass ich (erstaunlicherweise) nicht die einzige in unserer ikosom-Umgebung ohne Blogger-Gen bin!

  • Danke, Sascha, für Deinen langen Kommentar! Zum Sendungsbewusstsein: Begeisterung oder der Wunsch nach Veränderung können ganz bestimmt ein Antrieb für das Bloggen sein. Aber Unterstützung oder Ablehnung kann ich auch durch andere Mittel zeigen: vom Unterzeichnen einer Petition bis zur Teilnahme an einer Demo. In jedem Fall stimme ich Dir zu, dass das unmittelbare Feedback beim Bloggen und die damit verbundene Selbstbestätigung nicht zu unterschätzen sind – ich erlebe das ja gerade selbst: es ist ein bisschen so wie der Adrenalinschub, den ich als Schauspielerin beim Applaus erfahre. Insofern kann ich es durchaus verstehen, wenn Blogger sich das Netz als Bühne wählen und auch in der Hauptsache das schreiben, worauf ihr persönliches Publikum aller Voraussicht nach reagieren wird. Und eine gewisse Verlässlichkeit für den Leser zeichnet meiner Meinung nach jedes erfolgreiche Medium aus – sei es der „Spiegel“ oder der persönliche Lieblings-Blog.

  • Lieber Jörg, das stimmt definitiv: Mangelnder Mut vor der öffentlichen Auseinandersetzung spielt ebenfalls eine Rolle. Oder vielleicht besser ausgedrückt: die Selbsteinschätzung bzw. der eigene Anspruch. Ich persönlich möchte mich nur dann öffentlich zu einem Thema äußern, wenn ich das Gefühl habe, dass ich über ein Mindestmaß an Expertise verfüge – denn nur so kann ich eine einigermaßen fundierte Stellungnahme abgeben und damit sinnvoll zur Diskussion beitragen. Das gilt für mich übrigens im analog-persönlichen Umfeld ganz genauso.

  • Liebe Karin, danke für die Anregungen! Dein Beitrag spricht mir aus dem Herzen – und Dein letzter Kommentar hier oben ganz besonders (Dein Post ist übrigens nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch sehr schön gemacht).
    Ich bin ebenfalls überzeugt, dass hier vor allem der Aspekt Persönlichkeit entscheidend ist, weniger das Alter. Bloggen als eigene Sprache zu sehen, die jeder erlernen kann, diese Analogie trifft es für mich jedoch nicht so ganz. Es ist mAn eher ein spezielles Mindset, das das Bloggen ausmacht, eine spezielle Art intrinsischer Motivation hinter der eigentlichen Textproduktion – entweder dieses Mindset/diese Art von Sendungsbewusstsein ist in der eigenen Persönlichkeit aktuell angelegt oder nicht. Jeder von uns hat Kommunikationsformen, die ihm mehr oder eben weniger liegen als andere. Diese Präferenzen können sich mit der Zeit sicherlich verschieben und verändern, sind meiner Meinung nach aber nur bedingt „erlernbar“ wie eine Sprache.

  • Interessanter Kommentar. Was ich interessant finde ist, dass Du in den sozialen Medien schon sehr oft „Blogpost“ schreibst, aber nicht als eigene Artikel, sondern auf Facebook im privaten Kontext. Was macht Facebook attraktiver als ein öffentlicher Blogpost? Oder was macht einen öffentlicher Blogpost unattraktiv?

  • Einspruch: Journalist ist man nicht, weil man das Bedürfnis hat, seine Meinung zu vertreten – das kommt eher selten vor und nur in extra gekennzeichneten Kommentaren. Der zweite Punkt, die öffentliche Meinungsbildung mit zu gestalten, trifft schon eher zu, aber mehr als Transporteur von Meinungen.
    Was das Bloggen angeht, so sehe ich da ebenfalls keine Generationenfrage. Die Motive sind meiner Meinung nach so vielfältig wie die Blogs, die die Blogger betreiben. Von text- bis zu fotolastigen Blogs oder Hobbyblogs. Vielleicht ist es die Unabhängigkeit, die viele Blogger reizt. So ist es jedenfalls bei mir. Im Brotberuf Journalismus bin ich letztlich Auftragsschreiberin. Im Blog schreibe ich, was ich möchte, unter anderem vieles, was in der Zeitung keinen Platz fände. Da spielt noch ein anderer Aspekt hinein: Im meinem Blog stoppt mich niemand – auch keine Technik. Ich bin weder auf einen Verleger noch auf ein anderes, fremdbestimmtes Medium angewiesen. Ich möchte nicht wissen, wie viele in Vor-Internet-Zeiten verfasste Manuskripte von begeisterten Schreibern in heimischen Schubladen verstauben. Heute dürfen solche Texte alle hinaus in Netz. Egal, wie alt der Autor ist. So lange er sich mit den technischen Voraussetzungen befasst, kann jede veröffentlichen, was er will und was gegen kein Gesetz verstößt. Wann gab es diese Möglichkeit zuvor schon einmal?

  • Der Kommunikationstyp ist keine Generationsfrage.
    Nicht jeder ist Schriftmensch. Schauspieler, wie erwähnt, und viele andere, die über das gesprochene Wort und den direkten Kontakt wirkungsvoller sind, müssen nicht noch schreiben können. Schon, weil ihnen Zeichencodierung (Schrift) zu umständlich, oft auch zu unumkehrbar ist und sie die direkte Reaktion und Rückmeldung ihres Publikums brauchen.
    Das ist der Typ Mensch „Da rufe ich doch lieber an oder gehe hin, statt eine Mail zu schreiben!“
    Für introvertierte Leute wie mich (Jahrgang 1964, digital, seit der Zugang jenseits universitärer Geheimzirkel möglich war, Bloggerin seit 10 Jahren, Twitter seit 5 Jahren) ist das Netz ein Segen.
    Ich kann meine Statements platzieren, mich und meine Aufgaben angemessen (privat/geschäftlich) repräsentieren, mit vielen Spass haben und erspare mir den direkten Menschenkontakt. (Parties!, Empfänge!, Get Together!, Horror!) zudem muss ich keine Redakteurs- und Verlegerschwellen überwinden.
    Sicher spielen Technikaffinität und das Erlernen des Netzverhaltens auch eine Rolle. (Aber: Meine 26jährige Tochter twittert lediglich ab und zu und hat ihr Blog nach ein paar Versuchen geschlossen. Für sie spielen Facebookgeplauder und Chats die grössere Rolle.)
    Ich habe nur noch wegen einer gleichaltrigen Freundin und meiner Eltern einen Festnetzanschluss. Die reden lieber. Alles andere, diese große digitale Bühne, den ich mit viel Vergnügen bespiele, ist für sie lediglich zum Zuschauen ab und zu interessant und ansonsten zu unseriös und beängstigend.

  • Wenn man seit Jahren seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit dem Bloggen verdient, mutet der Titel „Bloggen und der Generationenkonflikt“ schon wie eine Kontradiktion an. Blogposts sind im Vergleich zu Tweets und Facebookposts inzwischen eher die Langform des gleichen publizistischen Handwerks geworden. Wer mehr zu sagen hat, als in einen Tweet passt, der bloggt halt. Wer kein Gesicht für Bühne oder Fernsehen hat, der podcastet oder radiot. Jeder Jeck ist anders.

    Mit Alter hat das nichts zu tun, nur soviel, dass ein Älterer schon mehr erlebt hat und deshalb statistisch gesehen mehr zu erzählen oder zu schreiben hat. Apropos Facebook: In Deutschland schwinden seit Monaten die Nutzer unter 45 Jahren. Nennenswerte Zuwächse gibt es dort nur noch bei den Silversurfern. Social Networks kommen und gehen, Blogs hingegen bleiben.

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