Vor drei Jahren gründeten Karsten Wenzlaff und ich das Institut für Kommunikation in sozialen Medien. Grund dafür war – vereinfacht gesagt – dass die Social Media Forschung in Deutschland fast nur aus Marketing-Befragungen und der Wiedergabe von US-Erhebungen bestand.
Und der Bedarf eines differenzierteren Forschungsansatzes zeigt sich noch heute! Zuletzt brachte AllFacebook dieses Fundstück an die deutsche Öffentlichkeit:
„Eine Studie, die aber jetzt im ‚American Journal of Medical Quality‘ veröffentlicht wurde, ist kaum zu glauben. Dort hat man um die Qualität eines Krankenhauses besser bewerten zu können vorgeschlagen die Anzahl der Likes als Indikator zu nehmen. Und damit es nicht nur bei diesem Vorschlag bleibt, wurde auch direkt eine entsprechende Untersuchung vorgenommen, die Fanzahl und Sterberate in Relation setzt.“
Es ist schon erstaunlich dass eine solche Hypothese zu einem Forschungsprojekt wird und diese Ergebnisse in einem auf Peer-Review basierten Journal veröffentlicht werden. Etwas obskur, aber zumindest bestätigt sich unsere Annahme, dass es noch ein weiter Weg zu einer umfassenden Social Media Forschung ist. Oder bestätigen solche Ausnahmen die Regel?
Das ist wirklich heftig. Noch krasser wäre es, wenn das Gehalt des Chefarztes von der Anzahl der Twitter-Follower des Krankenhauses abhängig sein würde.
Die Qualität eines Krankenhauses solltet sich in der Sterberate widerspiegeln. Wenn man nun auch den Patienten zutraut, die Qualität eines Krankenhauses zu erkennen und die Meinung der Patienten mittels facebook likes misst, ergibt dies eine negative Korrelation zwischen der Sterberate eines Krankenhauses und den facebook likes. Dies wäre eine Möglichkeit die Qualität eines Krankenhauses zu messen und wesentlich einfacher als eine Befragung von Patienten. Aber natürlich impliziert Korrelation keine Kausalität und dem entsprechend wird in der Studie von „association“ gesprochen.
Tatsächlich erstaunlich, im Ergebnis meiner Meinung nach sogar potenziell gefährlich. Als Anhänger evidenzbasierter Medizin würde ich bei der Qualität der Leistung für die Patientengesundheit immer auf das Erreichen des Therapieziels schauen. Also: Ist die OP erfolgreich verlaufen? oder Konnte die Krankheit gelindert oder geheilt werden?
Interessant würde ich es dagegen finden, die Zahl der Likes bei der Messung der Patientenzufriedenheit zumindest mit einzubeziehen. Das kann dann auch Parameter wie Wartezeiten, Qualität der Betreuung etc. einschließen.
Volle Zustimmung aber zur These, dass noch viel Zeit, Ressourcen und Gehirnschmalz in die Social Media Forschung gesteckt werden müssen.
Und so hat ein medizinisches Thema zu meinem ersten Kommentar bei euch geführt 😉
Lieber Florian, gerne wieder 🙂