Gerade findet in Kopenhagen im Louisiana Museum of Modern Arts die Konferenz „Truly Digital“ Conference statt. Meine Aufgabe ist es, bei der Konferenz über die Zukunft von Verwertungsgesellschaften zu reden und kollektive Umlagesysteme zu bewerten.
Ich werde von der These ausgehen, dass Verwertungsgesellschaften ein Kind der Industrialisierung waren, die für die Künstler einerseits bedeutete, über die Massenmedien starke Verbereitung zu erhalten, aber alleine im Markt nicht ihren Preis durchsetzen konnten – und daher Verwertungsgesellschaften eine sehr sinnvolle Erfindung waren.
Der Grund, warum Verwertungsgesellschaften ihre Rolle nicht mehr ädaquat erfüllen, ist nicht so einfach zu erfassen. Eine Reihe von Symptomen lassen sich feststellen: massive Konflikte zwischen traditionellen Verwertungsmethoden und Creative Commons Lizensierung, als ungerecht wahrgenommene Redistributionssysteme, Konflikte rund um den Zugang zu lizensiertem Material (Youtube vs Gema, Media-Net-Generator), überkomplexe Lizensierungssysteme für digitale Medien und vieles mehr. Aber liegt es daran, dass die Institutionen intern zu wenig innovativ sind oder ihre innere Verfassung Innovationen verhindert? Oder liegt es daran, dass das Modell der Verwertungsgesellschaften komplett falsch ist?
Für ersteres sprechen neue Initiavien wie die C3S – die geplante Verwertungsgesellschaft für Creative Commons lizensierte Kulturgüter. Eine solche Verwertungsgesellschaft könnte die GEMA, die VG Wort, die VG Bildkunst und viele andere Verwertungsgesellschaften unter einen hohen Innovationsdruck setzen. Außerdem könnten dadurch Konflikte rund um alternative Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding vermieden werden.
Für die zweitere These spricht, dass in den letzten Jahren viele Methoden entwickelt wurde: die Tauschlizenz, die Kulturwertmark, das Modell der AG Dok und die Content-Flatrate. Die Modelle umgehen in unterschiedlicher Weise die traditionellen Verwertungsgesellschaften.
Meine These ist, dass wir eine Art VG Liquid Creativity benötigen – eine Organisation, die nicht so sehr die Lizensierung von kreativen Inhalten im Kern hat, sondern die Beteiligung von Künstlern und Kreativen an der ordnungspolitischen Gestaltung digitaler Geschäftsmodelle. Was spricht dagegen, die vielen Alternativen kollektiver Umlagesysteme auszuprobieren und nebeneinander laufen zu lassen. Diese Verwertungsgesellschaft sollte sich sehr stark an neuen Methoden der ePartizipation orientieren – d.h. Informationen leicht zugänglich machen, Daten bereitstellen, formelle Entscheidungsverfahren öffnen. Eine dritte Aufgabe könnte sein, Daten über die Nutzung von Kreativgütern öffentlich zugänglich zu machen – unter einer OpenData-Lizenz.
Eines ist mir in der Recherche schon jetzt klar geworden – die skandinavischen Vewertungsgesellschaften sind in Bezug auf diese Agenda schon wesentlich weiter. Man könnte zumindest mehr von ihnen lernen. Es gibt wahrscheinlich einen starken Zusammenhang zwischen Innovationskultur allgemein und innovativer Vewertungsgesellschaften andererseits.