Erstmals in der Geschichte haben Blogs und soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter ein diktatorisches Regime zu Fall gebracht. Die 27-jährige Lina Ben Mhenni war eine der Internetaktivisten, die den tunesischen Diktator Ben Ali vertrieben haben. In ihrer Streitschrift fordert sie die Leser auf, sich politisch zu engagieren und zu vernetzen. Ein Aufruf, der uns alle betrifft.
Vernetzt Euch!von Lina Ben Mhenni
Mit der Revolution in Tunesien begann, was wir heute als den „Arabischen Frühling“ bezeichnen. Aktivisten setzen soziale Netzwerke, Blogs und weitere digitale Instrumente ein um Informationen zu verbreiten, sich zu organisieren und eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen.
Eine der maßgeblichen Aktivisten während der Revolution war Lina Ben Mhenni, die in ihrem (mit dem BoB ausgezeichneten) Blog A Tunesian Girl über die Repressalien der Sicherheitskräfte und verschwundene Aktivisten schreibt.
Nun hat sie ihre Erfahrungen in einem Buch niedergeschrieben und verbindet dies mit einem Aufruf, der weit über Tunesien hinaus Aufmerksamkeit findet:
Ich will dass die Welt sich verändert.
Sie wird sich aber nur verändern, wenn die Wahrheit verbreitet wird, wenn wir uns vernetzen.
Die tunesische Revolution bestand nicht aus Online-Aktivismus alleine. Tausende Menschen gingen auf die Straße und verschafften ihren Anliegen Gehör. Das Zusammenspiel aus Online und Offline jedoch war es, dass der Revolution Antrieb gab und dezentrale Organisation ermöglichte. Da werden Schweigeminuten per SMS verabredet, zu Flashmobs aufgerufen, Verhaftungen von Aktivisten in Blogs angeprangert, dienen soziale Netzwerke als Plattform zur Selbstorganisation, Offline-Aktionen stets mit Fotos und Videos im Internet dokumentiert und vieles mehr. Von Ben Mhenni erfahren wir, wie diese Instrumente eingesetzt wurden, selbst wenn die Gefahr für die beteiligten Personen nicht unerheblich war.
Es ist auch die persönliche Geschichte der Autorin, die fasziniert. Gestählt durch das Überstehen der Niereninsuffizienz, geheilt durch eine Nierentransplantation, nahm sie später an den Weltspielen der Organtransplantierten teil und gewann Silbermedaillen. In Konflikten mit dem Staat und seinen Vertretern besteht setzt sie sich für ihre Ideale ein.
Für eine Streitschrift, wie der Verlag das Buch Ben Mhennis bezeichnet, führt die Autorin zu wenig Diskussionen und Gesellschaftskritik an. Vielmehr handelt es sich um einen sehr lesenswerten und persönlichen Erfahrungsbericht einer der maßgeblichen Internet-Aktivisten, die zum Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali beigetragen haben.
Im Fazit stimme ich mit Tobias Tauch überein: Wer Teile der tunesischen Revolution nacherleben möchte und damit den Beginn des Aarabischen Frühlings verstehen möchte, dem sei das Buch „Vernetzt Euch!“ absolut zu empfehlen.