Sigmar Gabriel, Campact, Facebook, Google+ und Blogs – Warum wir dankbar sein können für diese Form des politischen Dialogs

campact-gabriel-appellEs beginnt mit einer Aktion von Campact – Sigmar Gabriel möge die Energiewende nicht absägen. 133.000 Leute haben den Appell schon unterschrieben, der u.a. behauptet:

Energieminister Sigmar Gabriels „Eckpunkte“ für ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind ein Geschenk für die Kohle- und Atomlobby: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll abgewürgt werden. Weniger Zubau beim Ökostrom bedeutet: Mit Kohle wird ungebremst weiter Strom erzeugt – auf Kosten des Klimas. Und der Atomausstieg kommt wieder unter Druck.

facebook-gabriel-campactSigmar Gabriel antwortet auf seinem Facebook-Profil, das immerhin etwas mehr als 28.000 Leute erreichen kann:

Ich habe in der Vergangenheit hier auf Facebook mehrfach Campact-Aktionen unterstützt. Diesmal tue ich das nicht, weil ich finde, dass Campact – vorsichtig formuliert – nicht sauber mit den Fakten umgeht. Um das zu erläutern, muss ich ein bisschen ausholen.

Und er tut das auch ausführlich, nimmt die Argumente und Behauptungen von Campact Stück für Stück auseinander. Campact lässt das natürlich nicht auf sich sitzen und schreibt einen längeren Rechtfertigungsblogpost:

campact-blog-gabriel

Auch wir müssen ein „bisschen ausholen” um Ihnen darzulegen, dass wir sehr wohl „sauber mit den Fakten umgehen”.
Eines möchten wir vorausschicken. Für Sie und die Sozialdemokrat/innen geht es aus unserer Sicht im nächsten halben Jahr um eine Richtungsentscheidung:
Stehen Sie weiter zu dem, was Vordenker Ihrer Partei wie Hermann Scheer und Erhard Eppler einst erdacht und auf den Weg gebracht haben, die die Energiewende als dynamischen Jobmotor, als gigantische Chance für die Wirtschaft und als Königsweg aus der Klimafalle begriffen?

In dem Blog werden Gabriels Argumente nochmal auseinandergenommen.

googleplus-campactUnd was bleibt für uns – die wir keine Energieexperten sind, weder die Positionspapier der Großen Koalition genau kennen noch die Argumente der Energieerzeuger oder der Klimawandelkämpfer? Wir können nur staunend mitlesen, uns freuen, dass der Wirtschaftminister in den direkten Dialog mit NGOs tritt und dafür nicht das Schrödersche Mediendreieck von Bild, BAMS und Glotze bedient.

Denn die traditionellen Medien können nicht filtern, sie können sich nicht die Soundbites herauspicken, die sie in 30 Sekunden Tagessschau oder 200 Zeilen Leitartikel verwenden können. Kein Fernsehsender, keine Zeitung kann es uns abnehmen, sowohl Blogpost als auch das Statement von Sigmar Gabriel komplett zu lesen und uns eine eigene Meinung zu bilden. Wir können kommentieren, teilen, lachen, nachdenken, ärgerlich sein, aber niemand entlässt uns aus der Verantwortung, nachzudenken! Wer den Campact Appell unterzeichnet, muss sich mit den Argumenten des Appellierten auseinandersetzen. Und das ist gut so!

Eins bleibt uns nur – bei Facebook, Google+ und den anderen Kanälen diejenigen unterstützen, die den Dialog in Gang gebracht haben.

Wie Google die Wikipedia kaputt macht

leonardo da vinci   Google Search

Zwei folgendenschwere Trends gibt es in mehreren Sprachversionen der Wikipedia zu beobachten:

  • Die Anzahl der Wikipedia-Editoren geht zurück.
  • Der Traffic auf Wikipedia geht zurück.

So berichtet es das Blog Wikipediocracy. Gleichzeitig sieht es auch den Verursacher – den Google Knowledge Graph. Wie im obigen Bild ersichtlich, wird bei fast jeder Suchanfrage ein Ausschnitt aus dem entsprechenden Wikipedia-Artikel gezeigt.

Google hopes that the short, visually appealing semantic data that it displays in the Knowledge Graph will be sufficient to answer your immediate needs, thus keeping you on Google and not letting you slip off to another website to learn more about the subject. Google began to roll out Knowledge Graph to English-language search engine users on a staggered basis through mid-2012. Sure enough, by February 2013, the English Wikipedia began to show its page-view decline. With the success of the English-language Knowledge Graph results, Google expanded the feature to other European language search customers in December 2012. And just as predictably, the visitor traffic to those language Wikipedias began to drop in the early to middle months of 2013.

Wikipedia steht damit vor dem gleichen Problem wie die Zeitungsverleger – einerseits sorgt Google via großzügiger Spenden dafür, dass die Wikipedia finanziell sich trägt, gleichzeitig untergräbt sie den weiteren Aufbau der Wikipedia-Community. Im gleichen Dilemma sind die Zeitungsverleger – sie erhalten Traffic via Google, können sich aber trotz Leistungsschutzrechts nicht gegen die Snippets wehren.

Die Wikipedia bzw. die dahinterstehende Wikimedia Foundation müsste eigentlich zwei Dinge tun: von Google kein Geld mehr annehmen und alle Inhalte unter einer Non-Commercial Creative Commons Lizenz stellen. Dann wären aber nicht nur die Google Snippets weg, sondern auch viele andere, die das Wissen der Wikipedia nutzen und darauf Geschäftsmodelle aufgebaut haben.

Was meint ihr – wie sollte Wikipedia reagieren?

Update:

Es gab eine Reihe spannender Kommentare via Twitter. Markus Franz schickte folgenden spannenden Link:

Dort heißt es:

Alarmierend in viererlei Hinsicht:
Leute, die bei Google bleiben, sehen keine Spendenaufrufe. Momentan ist das kein Problem, da die Foundation in Geld schwimmt, aber langfristig könnte sich das ändern und dazu führen, dass Wikipedia wieder mehr von Großspendern wie Google finanziert wird. So ja auch in Dirk Frankes Artikel vorhergesagt.
Leute, die bei Google und dergleichen bleiben und Wikipedia gar nicht besuchen, korrigieren keine Tippfehler usw. in Wikipedia. Wenn die Seitenaufrufe für Wikipedia (non-mobile) um 30% fallen, verringern sich auch die Gelegenheiten dafür, dass ein Besucher hier ein Konto registriert und zum Mitarbeiter wird, um 30%. Da sich die Foundation eh schon Sorgen um den Mitarbeiterschwund macht, ist eine solche Entwicklung unter diesem Aspekt wohl kein Grund zum Jubeln.
Sichtbarkeit und Einfluss des Markennamens Wikipedia werden durch eine solche Entwicklung ebenfalls geschwächt. Früher oder später könnte es dazu kommen, dass Wikipedia keine Top-Ten-Website mehr ist, und darauf ist man ja stolz.
Wikipedianer haben sich immer gegen Werbung in Wikipedia gewehrt. Wenn es langfristig dazu kommt, dass immer mehr Wikipedia-Inhalte auf mit Werbung ausgestatteten Google-Seiten und dergleichen gesehen werden, könnten sich die Mitarbeiter eines Tags blöd vorkommen, dass sie im Prinzip umsonst für Google schaffen, während Google Milliarden mit den von ihnen erstellten Inhalten verdient. Andreas JN466 14:51, 9. Jan. 2014 (CET)

Weitere Tweets zu der Debatte:

Wir crowdsourcen eine Crowdfunding-Literatur-Liste

Regelmäßig erhalten wir zum Thema Crowdfunding Interview-Anfragen von Journalisten, immer wieder auch von Studenten. Vor allem letztere sind oftmals auf der Suche nach Studien und wissenschaftlicher Literatur, die wir bei ikosom natürlich gerne weiterempfehlen. Mittlerweile gibt es von uns selbst bereits mehrere Publikationen zum Thema Crowdfunding sowie zahlreiche Bücher, Artikel und Studien von anderen Quellen. In der Crowdfunding Gruppe auf Facebook habe ich vor einigen Tagen mal begonnen, alle Threads zu dokumentieren, in denen Crowdfunding-Literaturvorschläge gemacht wurden. Auf Basis dieser und eigener Empfehlungen möchten wir demnächst eine Liste mit Crowdfunding-Literatur erstellen und hier auf ikosom als PDF öffentlich zugänglich machen.

Dazu haben wir ein Formular angelegt, in das wir ab sofort alle uns bekannten Literaturquellen zum Thema Crowdfunding eintragen werden. Weil wir aber nicht alles kennen (können), würden wir uns freuen, wenn ihr uns bei der Erstellung dieser Liste unterstützt. Dazu bitte einfach in das Formular unten das Buch, den Report oder den Artikel eintragen und abschicken. Wenn möglich, bitte vorher prüfen, ob euer Vorschlag schon in der Liste zu finden ist. Alle bisherigen Einträge könnt ihr vorläufig hier einsehen: Crowdfunding-Literatur-Liste.

Sollten im Formular noch Felder fehlen oder wenn ihr sonstiges Feedback habt, bitte einfach im Kommentar unten eure Vorschläge anmerken. Danke!

UPDATE 08. April 2013: Weil ich auf Twitter gefragt wurde: das Kriterium für Wissenschaftlichkeit ist, dass die Publikation als Buch, eBook oder PDF erschienen sein muss. Ein einfacher Blogartikel reicht also nicht!

 

Photo by HelloImNik

Digitale Marionetten: Was hinter der LSR Debatte steckt

Wer gewinnt eigentlich beim Leistungsschutzrecht? Überraschenderweise gewinnen alle – Verleger, Google, Blogosphäre. Nur die Wahrheit bleibt auf der Strecke. Und journalistische Innovationen, weil weder Google noch die Presseverleger glaubhaft sich für neue Geschäftsmodelle im Internet einsetzen, die wegkommen von der Dichotomie von Kostenloskultur vs. Paywall. Und auch das Parlament hat am Ende verloren – und zwar unabhängig von Regierungs- oder Oppositionszugehörigkeit, weil es sich von Google und den Verlegern als schmierige Projektionsfläche einer Kuchenaufteilung benutzen ließ.

Wer morgen in Jubel oder Trauer ausbricht, wenn das Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Bundestag beschlossen wird, versteht nicht, dass weder für Google noch für die Presseverleger das Gesetzgebungsverfahren der Austragungsort der Konflikte ist. Sowohl Google als auch die Presseverleger haben ihre Ziele eigentlich schon längst erreicht. Deswegen ist es für beide Parteien auch vollkommen unerheblich, wie die Abgeordneten morgen im Parlament abstimmen.

Wenn man die Lobbyarbeit der Presseverleger in den letzten fünf Jahren verstehen will, muss man sich vor Augen halten, dass das Leistungsschutzrecht nicht Ziel der Verleger war, sondern nur Mittel zum Zweck. Zweck der Debatte um das Leistungsschutzrecht war es für die Verleger, sich als integraler Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung zu etablieren – die Presseverleger als wichtigstes Standbein der vierten Gewalt. Nicht mehr die Vielfalt der Presselandschaft, sondern die Erhaltung des Geschäftsmodells der Printzeitung ist mittlerweile Staatsräson. Kein Politiker würde sich trauen, die Veränderung des Marktes für Printzeitungen als Teil des Fortschritts anzusehen, der er ist – sondern die Verleger haben es eindrucksvoll geschafft, das Meme zu etablieren, dass jedes Mittel recht ist, um die Print-Zeitungen abzusichern, denn sonst droht der Untergang des Abendlandes oder noch mehr.

Dieses Argument stärkt die Presseverleger auch bei einem ganz anderen Thema – dem Depublikationsgebot für die öffentlich-rechtlichen Sender. Nur vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass die Politik trotz 8 Milliarden aus der Haushaltsabgabe bereit ist, das wirtschaftliche Interesse der Presseverleger über das Interesse am unbeschränkten Zugang zu öffentlich-finanzierten Medien zu stellen. Continue reading „Digitale Marionetten: Was hinter der LSR Debatte steckt“

Crowdsourcing-Report 2012 als eBook bei Amazon, Google und Apple erhältlich

Seit Mitte Juli ist der Crowdsourcing Report 2012 auch als eBook-Version verfügbar, u.a. bei Apple, Amazon und bei Google.

Unser Ziel der Zusammenarbeit mit ePubli war es, herauszufinden, welche der verschiedenen Publikationsarten den meisten Absatz im Sachbuchbereich bringen würden – also Verkauf als Print-on-Demand, PDF oder eben über die eBook-Verkaufsplattformen. Bislang scheint es so, dass der PDF-Verkauf direkt auf ePubli am besten funktioniert.

Gastbeitrag: DRadio Wissen und der Rückzug aus Google+

Ohne es zu wollen, wurde gestern Mittag eine ganze neue Diskussion in Social-Web-Deutschland angestoßen. Mit kurzen Worten verkündete die Redaktion von DRadio Wissen mit einer Meldung auf Google+ ihren Rückzug aus dem Sozialen Netzwerk von Google:

Liebe Google+-Community, wir sind raus. Und zwar aus Google+. Social Media-Aktivitäten finden aber natürlich trotzdem weiterhin statt. Ihr findet uns auf Facebook und bei Twitter. Grüße und bis bald, die Redaktion.

Continue reading „Gastbeitrag: DRadio Wissen und der Rückzug aus Google+“

Youtube vs. GEMA – 2. Teil der Urheberrechtssessions auf ununi.tv

Die Session findet nicht statt, da es bei mehreren Referenten zu Terminkollissionen gekommen ist.

Am Montag, den 11.6.2012 findet um 14 Uhr die zweite Session der Urheberrechtsreihe auf ununi.tv statt. Diesmal geht es um den Streit zwischen Youtube und GEMA, aber eigentlich um den tiefergehenden Streit um die Zukunft von Verwertungsgesellschaften. Continue reading „Youtube vs. GEMA – 2. Teil der Urheberrechtssessions auf ununi.tv“