Virtuelle Klausurtagung – sich der digitalen Öffentlichkeit öffnen

Am Wochenende vom 28. und 29. Januar 2012 wird sich ikosom zur halbjährlichen Klausurtagung zurückziehen. Ungefähr alle sechs Monate nehmen wir uns ein ganzes Wochenende, um die abgeschlossenen und laufenden zu analysieren, Ideen für neue Projekte zu generieren und neue Themenfelder anzugehen.

Bisher waren unsere Klausurtagungen immer sehr reale Tagungen – in netter Umgebung, mit leckerem Essen, vielen großen Charts aus Papier. Manch Besucher würde sich wundern, wie analog wir unsere digitale Arbeit planen. Dabei  ist ein großer Teil der Arbeit unseres Instituts vor allem digital – wir koordinieren uns mit GoogleDocs und GoogleCalender, Skypen bei unseren Besprechungen oder nutzen virtuelle Meetingräume wie Adobe Connect, speichern unsere digitale Bibliothek in Dropbox und kommunizieren nach außen über die Social Media Kanäle des Instituts.

Unser Netzwerk besteht in der Regel aus virtuellen und realen Kontakten. Mit einem Teil unserer Geschäftspartner haben wir fast ausschließlich digital zusammen gearbeitet. Trotzdem sind aber die persönlichen Begegnungen auf den Konferenzen und Tagungen nicht zu unterschätzen.

Unser Team sitzt zwar überwiegend in Berlin, aber ein Teil des Teams ist woanders in Deutschland und anderswo in Europa  zu Haus. Wenn wir weiter wachsen wollen, dann müssen wir uns darauf einstellen, das auch unsere Planungs- und Nachdenktreffen nicht immer nur an einem physischen Ort stattfinden können.

Eine einfache Möglichkeit wäre natürlich, das gesamte Treffen nur virtuell stattfinden zu lassen. Das würde dann auch die Möglichkeit eröffnen, die Partner in unserem Netzwerk an unseren Gedanken an unseren Planungen teilhaben zu lassen.

Radikale Tranzparenz eines Forschungsinstitut durch Livestreaming der Klausurtagung im Netz – ein spannender Gedanke. Weil er einerseits das Potenzial hat, ein ganz neues Verständnis von digitaler Forschung zu versinnbildlichen.

Andererseits werfen sich auch ein paar Fragen auf:

  1. Wie nimmt man den Input, der über das Livestreaming reinkommt?
  2. Wie kann man effizient tagen, wenn man parallel alles im Netz verfolgen kann?
  3. Wie verändert sich der Charakter einer Klausurtagung, wenn man sich vollkommen in die Öffentlichkeit gibt?
  4. Wie kann man über die Konkurrenz oder über mögliche Partner oder potenzielle Projektideen offen sprechen, wenn jeder diesen Gedankenprozess verfolgen kann?
  5. Wie selektiv muss oder kann man sich öffnen?
  6. Wenn man sich einmal öffnet, kann man sich dann jemals wieder komplett zurückziehen – oder weckt man so Erwartungen, die dann enttäuscht werden?

Das sind so die Fragen, die mir in erster Linie durch den Kopf gingen – ohne dass das aber heißt, dass wir nicht doch eine Möglichkeit finden, eine Balance zwischen den Zielen von Transparenz und Effizienz zu finden. Immerhin verlangen wir das gleiche auch von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und der Wissenschaft – sich digital zu öffnen.

Die Antworten dazu wird es hoffentlich, wenn die Zeit es zulässt, hier in diesem Blog im Laufe der Woche geben – vielleicht aber auch erst danach als Auswertung unserer Klausurtagung. Über Hinweise und Gedanken von Ihnen und von Euch sind wir sehr dankbar.

Eine Sache haben wir aber beschlossen – es wird am Sonntag, den 29. Januar 2012 einen ikosom Neujahrsempfang geben und parallel werden wir in unserem Adobe Connect Raum zu treffen sein. Wie das genau funktionieren wird, wissen wir noch nicht, aber wir lassen uns überraschen.

Erfahrungen bei Live-Interactions via Adobe Connect

Am Freitag haben wir die Sitzung des Ohus „Urheberrecht“ des Google Co://laboratory Internet und Gesellschaft moderiert. Parallel dazu hatten wir via Twitter, Facebook und über Mailinglisten dazu eingeladen, als Remote-Teilnehmer auch übers Internet an der Sitzung im betahaus zu partizipieren.

Durch die Unterstützung von David Röthler war es möglich, einen virtuellen Raum mit Adobe Connect einzurichten. David Röthler ist auf dem Gebiet der Live-Interaktionen ein viel gefragter Experte, der europaweit zu diesem Thema Institutionen und Unternehmen berät. David Röther nutzt Adobe Connect sowohl für virtuelle Seminare und Vorlesungen als auch für das virtuelle Begleiten von Konferenzen und Sitzungen, zum Beispiel dem Salzburger Stadtrat. Wir als ikosom werden in Zukunft eng mit ihm zusammenarbeiten und solche Sessions anbieten – mehr dazu bald hier im Blog.

Im Ohu hatten wir das zum ersten Mal ausprobiert – und einige spannende Erfahrungen gemacht:

1) Technik ist nicht alles – aber ohne gute Technik funktioniert es nicht

Wir hatten eine externe Kamera und eine Laptop-Kamera, verschiedene Raummikros, einen schnellen Rechner und eine stabile Internetverbindung. Dennoch war es für die virtuellen Teilnehmer nicht immer möglich zu verstehen, was im Raum gesprochen wird.

Ein mobiles Mikro wäre ideal, das aber bei einer Gruppe von 10-20 persönlich Anwesenden vor Ort einzusetzen, verändert sehr drastisch die Gesprächsatmosphäre vor Ort.

2) … und irgendwann vergisst man die Kameras.

Dem Livestreaming von kleineren Treffen wird oft entgegen gebracht, dass dadurch die realen Teilnehmer vor Ort weniger offen sind, weil sie nicht einschätzen können, wer ihnen noch aus dem Netz zuguckt.

Wir hatten am Anfang die Teilnehmer darauf hingewiesen, dass die Sitzung ins Netz übertragen wird und auch immer wieder den Adobe Connect Bildschirm auf die Leinwand übertragen.

Trotzdem war die Gesprächsatmosphäre kaum anders als bei vorherigen Ohu-Treffen, d.h. es wurde sehr offen und kontrovers diskutiert. Ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendjemand sich zurückgenommen hat.

Es gibt wahrscheinlich den Punkt, an dem man vergisst, dass eine Kamera noch im Raum ist, wenn man nicht daran erinnert wird.

3) Auch Live Events brauchen ein größeres Team im Hintergrund

Das ganze war im Ohu jetzt sehr improvisiert, weswegen ich die Schwierigkeit hatte, einerseits die Sitzung vor Ort zu moderieren, die Technik zu uberprüfen und Probleme zu lösen (Stichwort: Ton), und den Chat im virtuellen Raum zu moderieren.

Idealerweise betreut ein Team von Personen eine Live-Interaktion:

  • einen Technik-Moderator, der sich darum kümmert, dass die Teilnehmer im Netz sprechen und sehen können
  • einen Chat-Moderator, der den inhaltlichen Dialog steuert
  • einen echten Moderator, der den Dialog vor Ort steuert
  • einen Producer, der virtuellen und realen Dialog koordiniert und mit dem technischen Moderator interagiert bei Problemen

4) Frühzeitig anfangen mit der Kommunikation

Adobe Connect bietet den Vorteil, dass man anders als bei Google Hangouts schon im Vorfeld die URL des virtuellen Raums kennt und diese kommunizieren kann. Allerdings ist es wichtig, schon mehrere Tage vor einer Veranstaltung, diese URL zu kommunizieren, damit die virtuellen Teilnehmer den Raum auch schon mal erkunden können.

Die Vorbereitung ist auch wichtig, um Dokumente wie PDFs oder Präsentationen in den virtuellen Raum zu laden, Umfragen und ähnliches zu erstellen und die Kameras und Mikrofone von Referenten zu testen.

5) Das Follow-Up nicht vergessen

Man sollte sich schon im Vorfeld überlegen, ob man die Aufzeichnung benötigt oder nicht – danach ist es zu spät. Wir haben diesmal die Ohu mit Absicht nicht aufgezeichnet, aber sinnvoll wäre es vielleicht für die Dokumenation.

Aber Follow-Up ist auch mehr als die Aufzeichnung – die Ergebnisse der Sitzungen müssen auch nochmal aufgeschrieben und mit der Aufzeichnung in einen Kontext gebracht werden. Der Aufwand sollte nicht vergessen werden.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Livestreamings von Konferenzen und Workshops? Welche Tools nutzen Sie?