Die Friedrich-Ebert-Stiftung Warschau veranstaltet am 29. Februar 2012 eine Podiumsdiskussion mit dem Titel: „Gefangen im Netz? Politiker und Wähler in der Welt des Internets“. Hintergrund und Anlass ist die Veröffentlichung der Analyse „Internet im Parlamentswahlkampf 2011“, welche die FES in Kooperation mit dem Institut für Öffentliche Angelegenheiten Polen erstellt hat. Untersucht wurde u.a. in welchen Sozialen Netzwerken die Kandidaten präsent waren, was sie dort kommuniziert haben und wie wichtig das Internet als Informationsquelle für die Wähler war. Neben Theresa Bücker, Referentin vom Newsdesk des SPD Parteivorstands, wird auch Lisa Peyer von ikosom an der Podiumsdiskussion teilnehmen.
Die Diskussion wird simultan ins Deutsche und Polnische gedolmetscht und auf der Seite des FES Warschau per Livestream übertragen. Die Studie ist hier veröffentlicht, bisher allerdings nur auf Polnisch. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich auf 9-15.
Wir haben in den letzten Wochen die Abgeordnetenhauswahl auf Twitter verfolgt um nachvollziehen zu können in wie weit die Berliner Wahlen eine Rolle im globalen Nachrichten-Ökosystem spielen. Dabei haben wir Daten vom 30.08.2011 bis zu 19.09.2011 erhoben und alle Tweets mit den Hashtags #ahw11#berlinwahl und #ltw11 gesammelt.
Im Zeitraum vom 30.08. bis zum 17.09.2011 – also bis zum Samstag vor der Abgeordnetenhauswahl – konnten wir insgesamt 9.432 Tweets mit den drei angegebenen Hashtags identifizieren. Diese wurden von insgesamt 2.253 Usern verfasst und beinhalteten 2.264 einzelne Links sowie 1.250 verschiedene Hashtags. Am meisten Verwendung fanden bei der Datenerhebung die Hashtags #ahw11 #Piraten und #Berlin, wobei zu diesem Zeitpunkt auch noch #ltw11 und #ltwmw relativ zur Grundgesamtheit oft verwendet wurden. Hier hat uns natürlich die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 04. September das Ergebnis etwas verfälscht. So konnten wir zumindest am Wahlsonntag (04.09.) einen leichten Ausschlag von über 1.000 Tweets mit den drei gesuchten Hashtags feststellen.
Ein etwas verändertes Bild auf Twitter fanden wir am Sonntag vor. Bei der Erhebung um 23 Uhr – also fünf Stunden nach dem Schließen der Wahllokale – konnten wir 24.773 Tweets mit mindesten einen der drei Hashtags #ahw11 ##berlinwahl #ltw11 identifizieren. In diesen Tweets fanden wir 3.968 einzelne Links und 2.174 einzel verwendete Hashtags. Die Top 3 der Hashtags blieb dabei unverändert: #ahw11 #Piraten #Berlin. Desweiteren zählten wir 14.030 Mentions – also Erwähnungen anderer Twitter-Accounts – in Tweets. Am meisten Erwähnung fanden @tagesschau, @Piratenpartei und @ZDFonline.
Am Montag ebbte die Diskussion auf Twitter zumindest in Verbindung mit unseren gesuchten Hashtags wieder ab. So verzeichneten wir insgesamt 27.248 Tweets von 6.807 Usern. Diese fügten noch ein paar Inhalte hinzu, womit wir somit auf 2.320 Hashtag und 4.471 Links kommen.
Die aktivisten Accounts der Abgeordnetenhauswahl sind nach unsere Erkenntnissen folgende gewesen: @berlinschaf (ein ReTweet-Bot), @wally44 und @dielinkeberlin, dich gefolgt von @gruene_berlin und @WahlenRT (einem weiteren ReTweet-Bot).
Interessant ist, dass die Twitter-Nutzung durch die etablierten Parteien selber kaum Wirkungen im Netz hatte. Zwar war die Linken sehr aktiv, aber sie konnten kaum Follower hinzugewinnen. Dies liegt wohl auch daran, dass sie erst ca. vier Wochen vor der Wahl aktiv wurden – viel zu spät. Ähnliches findet man bei den Grünen, die auch relativ aktiv waren im Wahlkampf, sich dies aber kaum in den Follower-Zahlen ausdrückt. Hier eine Übersicht über alle Parteien die im Abgeordnetenhaus sitzen bzw. saßen (Die CDU hat Twitter nicht für sich entdeckt. Die anderen 16 Parteien betrachten wir hier nicht.):
Die Zahlen stammen vom 27. September, also gute eine Woche nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus. Auffällig ist auch, dass kein einziger Spitzenkandidaten (bzw. sein Wahlkampfteam) Twitter für sich entdeckt hat*. Bis auf @rka – Andreas Baum, der Spitzenkandidat und jetziger Fraktionsvorsitzender der Piratenpartei Berlin. In diesem Zusammenhang kommt man auch zu einer interessante Feststellung: Obwohl die Piratenpartei als Institution keinen herausragenden Auftritt beim Online-Wahlkampf auf Twitter zeigten, hatten sie in gewisser Weise die Deutungshoheit im Nachrichten-Ökosystem: Zumindest waren sie die mit Abstand die meist erwähnte Partei, als Hashtag und als Mention.
Die Daten und Grafik wurden uns von der Social Media Measurement Plattform twingly.com zur Verfügung gestellt. Hierfür ein Danke!
*Man könnte der Annahme verfallen, dass @kuenast ein offiziller Account sei. Wir werten diesen aber als Fake, da auf diesem nur twitterfeed eingebunden ist, nicht auf der Website von Renate Künast beworben wird und von @gruene_berlin nicht verwendet wird (Mention).
Vom 9. bis zum 13. März 2011 fand die 8. Linke Medienakademie in Berlin statt. Im Vorfeld hatte Karsten Wenzlaff einen politischen Kommentar auf vorwaerts.de veröffentlicht, der sich damit auseinandersetzt, warum es „linke Netzpolitik“ im Augenblick sehr schwer hat.
Machen wir uns nichts vor – die Linke ist netzpolitisch nur dabei, die Vorschläge von Mitte-Rechts immer wieder einzufangen, die schlimmsten Entscheidungen zu verhindern. Von Zensursula-Netzsperren bis zur Vorratsdatenspeicherung – immer wieder müssen netzpolitische Argumente hinter sicherheits- und innenpolitischen Argumenten zurückstecken. Linke Netzpolitik, das ist vor allem die Abwehr absurder Vorschläge konservativer Netzpolitik.
Am Samstag, den 12. März 2011, war Karsten Wenzlaff auf einen Panel vertreten, der sich ebenfalls mit diesem Thema befasste: „Wann lernt die Linke im Web 2.0. das Laufen.“. Moderiert wurde die sehr spannende Diskussion von Juliane Witt, die das recht umfangreiche Panel gut durch den Nachmittag führte. Weitere Gäste waren der Politikwissenschaftler Dr. Christoph Bieber, der Blogger Markus Beckedahl von netzpolitik.org, Christopher Lauer von der Piratenpartei sowie die beiden Politiker der Linken Halina Wawzyniak und Bodo Ramelow.
Karsten Wenzlaff, Online-Redakteur bei der SPD-Parteizeitung Vorwärts und Gründer des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien, monierte ebenfalls, dass es noch keine linke digitale Zivilgesellschaft gebe. Er plädierte daher für gemeinsame politische Bündnisse über bisherige „sektiererische Gremien“ rund ums Internet bei Sozialdemokraten, Linken und Grünen.
Noch ist das Netz für Wenzlaff noch „keine fünfte Macht“ neben den klassischen Medien. In den Parteien selbst würden Netzpolitiker trotz der „Impulse“ der Piratenpartei relativ schnell überstimmt, „wenn andere Positionen relevant werden“. So hätten in der SPD jüngst Außenpolitiker Wikileaks als gefährliches Werkzeug bezeichnet. In der Frage der Vorratsdatenspeicherung gäben die Innenpolitiker den Ton an. Auch die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) hätten nicht „Blogs und Tweets“ zu Fall gebracht, meinte der Journalist, sondern parteipolitische Spielchen der CDU in Nordrhein-Westfalen.